Das FG Mecklenburg-Vorpommern hat mit Gerichtsbescheid vom 19.01.2022 – 3 K 156/19 entschieden, dass ein Nachlassabwickler (estate trustee) nach dem Recht der Provinz Ontario als Rechtsnachfolger im Sinne von § 45 AO für die Verbindlichkeiten des Erblassers haftet, wenn der Erblasser sein letzter gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne der EuErbVO in Kanada (Ontario) war. Die Begünstigten auf den Rest ("residuary beneficiaries") seien hingegen nicht Gesamtrechtsnachfolger im Sinne von § 45 AO.
Anmerkung
Die Entscheidung hat erhebliche praktische Bedeutung für den internationalen Erbfall und dürfte auch für Nachlassabwickler anderer Common-law Staaten, insbesondere von US-Bundesstaaten, von Bedeutung sein.
Wir meinen, dass die Entscheidung rechtsirrig ist, da sich der Umfang der Haftung eines Nachlassabwicklers nach dem Recht des Staates Ontario aus den Regeln des Rechts von Ontario ergibt. Danach haftet der Nachlassabwickler nur für im Verfahren angemeldete und anerkannte Forderungen.
Ferner spricht hiergegen das völkerrechtliche Territorialitätsprinzip, wonach Deutschland nur Pflichten bei einem Inlandsbezug auferlegen kann (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 31.5.2006 (II R 66/04) BStBl. 2007 II S. 49; BFH-Urteil vom 7. September 2005 VIII R 90/04, BFHE 211, 183, BStBl II 2006, 61). Daher kann es auf eine Bestellung durch ein ausländisches Gericht nicht allein ankommen.
Anders wäre dies zu beurteilen, wenn der Nachlassabwickler in Deutschland tätig geworden wäre oder gar ein deutsches Testamentsvollstreckerzeugnis beantragt hätte.
Zum Nachlassverfahren in Ontario: Probate and Administration - das Verfahren zur Abwicklung eines Nachlasses in Ontario