Spanien: Finanzamt muss bei Wohnsitz im Ausland dort zustellen

Das nationale Strafgericht (Audiencia Nacional) hat mit Urteil vom 20.07.2015 (Rec. Nº 302/2012) entschieden, dass die Steuerverwaltung nach dem Prinzip des guten Glaubens (principio de buena fe) verpflichtet ist die effektive Kenntnis von Verwaltungsakten sicherzustellen. Bei Kenntnis von einem ausländischen Wohnsitz darf sie sich daher nicht darauf beschränken in Spanien die Zustellung zu versuchen (z.B. am Wohnsitz), sondern muss vor öffentlicher Zustellung die nach internationalen Abkommen bestehenden Möglichkeiten zur Zustellung nutzen. Die in Verletzung dieser Vorgaben öffentlich im Amtsblatt (BOE) zugestellten Verwaltungsakte wurden gemäß Artikel 217.1 des Gesetzes 58/2003 für nichtig erklärt. 

Anmerkungen

  • Das Urteil knüpft an die Rechtsprechung des spanischen Verfassungsgerichts (Tribunal Constitucional, kurz TC) zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine wirksame Zustellung an. Das TC hat wiederholt entschieden, dass eine öffentliche Zustellung nur zulässig ist, wenn eine andere Zustellungsart untunlich ist. Bei fehlender Kenntnis des tatsächlichen Aufenthaltes sind angemessene Maßnahme zu ergreifen, diesen zu ermitteln auch wenn dieser im Ausland liegt. Erfolgt trotz positiver Kenntnis der Wohnadresse im Ausland eine Zustellung an Dritte in Spanien, welche das zugestellte Dokument nicht weiterleiten, kann hierin eine Verletzung der verfassungsmäßigen Rechte aus Art 24.1 (effektiver Rechtsschutz) zu sehen sein (siehe SSTC vom 16.12.2010, 3943/2007).
  • 2015 haben viele Deutsche überraschend Post von den spanischen Finanzbehörden erhalten. Dies betrifft insbesondere Verkäufer von Immobilien in Spanien, welche die auf den Verkauf anfallende Steuer nicht erklärt haben. In nicht wenigen Fällen haben die spanischen Finanzbehörden die Steuer festgesetzt ohne dass der Steuerpflichtige hiervon Kenntnis erhielt.  Diese erhielten die Personen dann erst in der Phase der Vollstreckung. 

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