Bestimmung des anwendbaren Erbrechts
Das anzuwendende Recht wird nach dem internationalen Privatrecht (Conflict of Laws) bestimmt. Da es keinen Staatsvertrag zwischen New South Wales (NSW) und Deutschland über das anwendbare Recht gibt, wird das anwendbare Recht nach den heimischen Regeln bestimmt.
Sicht von Australien
Das Recht von NSW unterscheidet zwischen dem beweglichen und unbeweglichen Nachlass (Nachlassspaltung); Aus der Sicht von NSW ist
- im Hinblick auf bewegliches Vermögen (movables) das Recht des letzten Domizils (domicile) des Erblassers und
- im Hinblick auf das unbewegliches Vermögen (immovables) ist das Belegenheitsrecht (lex rei sitae) anzuwenden. .
Wichtig: Diese Regeln gelten nicht für andere Formen des Vermögensübergangs von Todes wegen, z.B. über einen Trust oder ein Anwachsungsrecht auf den Tod (z.B. joint tenancy). Für die Nachlassabwicklung (administration) - siehe dazu unten - gilt abweichend vom Vorgesagten das Recht des Staates, dessen Gerichte für die Bestellung des Nachlassabwicklers (personal representative) zuständig sind.
Anwendbares Erbrecht aus Sicht der Bundesrepublik Deutschland
Für Erbfälle ab dem 17.08.2015 bestimmt sich das im Hinblick auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen im Sinne der EuErbVO nach der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO). Danach kommt es im Grundsatz auf den den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers an. Eine Ausnahme für unbewegliches Vermögen in Australien gibt es - aus der Sicht Deutschlands - nicht mehr. Da aus der Sicht Australiens im Hinblick auf Immobilien in Australien immer das australische Erbrecht anzuwenden ist, birgt die Rechtslage die Gefahr unterschiedlicher Rechtsanwendung und des Forum Shopping.
Betreffend Grundvermögen in Deutschland kann es zu einer Rückverweisung und einer Nachlassspaltung kommen.
Hinweis: Eine Ausnahme für Immobilien in NSW ist in der EuErbVO nicht mehr vorgesehen. Dies führt dazu, dass deutsche Gerichte und Gerichte von NSW im Hinblick auf Immobilien in NSW unter Umständen unterschiedliches Recht anwenden. Im Einzelfall kann daher die kluge Auswahl des Gerichtsstands über den Ausgang des Verfahrens entscheiden (sog. Forum Shopping).
Allerdings kann eine Person für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht des Staates wählen, dem sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt ihres Todes angehört.
Hinweis: Ob eine solche Rechtswahl nach Art 22 EuErbVO aus Sicht von Australien unwirksam ist, ist bisher nicht abschließend geklärt. Da die Regeln des austalischen internationalen Privatrechts
Administration, Trusts und Joint Tenancy
Für die Nachlassabwicklung (administration) gilt abweichend vom Vorgesagten das Recht des Staates, dessen Gerichte für die Bestellung des Nachlassabwicklers zuständig sind.
Auch für Treuhandvermögen (trusts) und den Erwerb außerhalb des Nachlasses (z.B. durch joint tenancy) wird gesondert angeknüpft.
Testamentarische Erbfolge
Das Erbrecht von NSW wird vom Grundsatz der Testierfreiheit beherrscht und der Erblasser ist weitgehend betreffend den Inhalt seiner Verfügungen frei. Allerdings muss er bestimmte Formvorschriften beachten. Seine Grenze findet die Testierfreiheit außerdem im postmortalen Unterhalt sowie Bindung durch wechselbezügliche Testamente. Weitere Informationen finden Sie in dem Beitrag Testamentarische Erbfolge nach dem Erbrecht von New South Wales (Australien).
Pflichtteil und postmortaler Unterhalt
Einen Pflichtteil im Sinne einer Mindestbeteiligung am Nachlass zu einer bestimmten Quote gibt es im Recht von NSW nicht. Allerdings können bestimmte Personen nach Kapitel 3 (Family Provision) des Succession Act 2006 Zahlung eines bestimmten Betrags aus dem Nachlass verlangen. Hierzu Weiteres in dem Beitrag Pflichtteil in New South Wales (Australien).
Gesetzliche Erbfolge
Die gesetzliche Erbfolge tritt ein, wenn der Erblasser ohne Hinterlassung eines Testaments verstirbt oder durch ein Testament ganz oder teilweise unwirksam verfügt wird. Vorrangig erben danach der Ehegatte und die Kinder. Hierzu verweisen wir auf den ausführlichen Beitrag Die gesetzliche Erbfolge in New South Wales (Australien).
Probate-Nachlassverfahren in Australien
Nach dem Recht von NSW geht der Nachlass (estate) - anders als nach deutschem Erbrecht - nicht unmittelbar auf die Erben, sondern zunächst auf einen Nachlassabwickler (personal representative) über. Hat der Erblasser den Nachlassabwickler durch Testament bestimmt, wird er als "executor" bezeichnet. Bei gesetzlicher Erbfolge heißt er "administrator". Auf Antrag wird ihm vom Nachlassgericht ein Zeugnis, welches ihn als Nachlassabwickler ausweist, erteilt.
Nach Ernennung nimmt der Nachlassabwickler den Nachlass in Verwahrung (soweit dies noch nicht zuvor erfolgt ist) und begleicht die Nachlassverbindlichkeiten. Der nach Begleichung der Schulden verbleibende Nachlass ist an die Begünstigten zu verteilen. Zur Vertiefung empfehlen wir den Beitrag Das Probate-Nachlassverfahren in NSW (Australien).
Joint Tenancy
Zwei oder mehr Personen können Vermögensgegenstände (z.B. ein Konto oder eine Immobilie) in der Weise halten, dass dem oder den überlebenden der Anteil des Versterbenden anwächst. In diesem Fall spricht man von einer Joint Tenancy oder auch Joint Tenancy with the right of survivorship. Ein solcher Erwerb geht dem Testament in der Regel vor. Das Vermögen fällt nicht in den Nachlass (estate) und ein förmliches probate-Nachlassverfahren ist nicht erforderlich.
Trusts
In Australien werden Treuhandvermögen (trusts) oft als Mittel der Nachlassplanung genutzt. Ein trust entsteht dadurch, dass der Errichter (settlor, creator) Bestandteile seines Vermögens auf den Treuhänder (trustee) überträgt, welcher diese Vermögensgegenstände zugunsten des Begünstigten (beneficiary) treuhänderisch verwaltet und für einen vom Errichter bestimmten Zweck verwenden soll. Der Treuhänder (trustee) hat im Außenverhältnis alle Rechte (legal title) am trust-Vermögen. Wirtschaftlich berechtigt ist allerdings der Begünstigte (beneficiary), für welchen der Treuhänder das trust-Vermögen treuhänderisch verwaltet. Zum Teil wird auch eine Person bestimmt, welche den Treuhänder ernennt bzw. austauscht (appointer). Mit der Errichtung eines Trusts können unterschiedliche Zweck verfolgt werden, z.B. die Vermeidung eines förmlichen probate-Nachlassverfahrens, der Schutz von minderjährigen Begünstigten (child protection trust), Verstetigung des Familien-Vermögens (family trust) oder Sicherung des Vermögens gegen Gläubigerzugriff (asset protection).
Hinweis: Bei Bezügen zu Deutschland kann ein trust steuerlich ungewollte Wirkungen haben. Hierzu verweisen wir auf unseren Beitrag Besteuerung von common-law trusts in Deutschland.
Besteuerung in Todesfall
Australien erhebt keine Erbschaftsteuer. Allerdings können im Zusammenhang mit dem Tod verschiedene andere Steuern ausgelöst werden. Hierzu verweisen wir auf die einführende Darstellung Erbschaftsteuer Australien.
Deutsche Erbschaftsteuer bei Erbschaft aus Australien
Im deutsch-australischen Erbfälle fällt oftmals deutsche Erbschaftsteuer an; genaueres erfahren Sie in dem Beitrag Erbschaftsteuer: Steuerpflicht in Deutschland.