Kein einheitliches Erbrecht der USA
Die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) haben kein einheitliches Erbrecht. Vielmehr haben alle 50 US-Bundesstaaten und der District of Columbia ihr eigenes Erbrecht (Mehrrechtsstaat). Ein "amerikanisches Erbrecht" oder "Erbrecht der USA" gibt es daher nicht. Allerdings gibt es gewisse Prinzipien, die in allen US-Bundesstaaten gleich oder ähnlich sind. Wenn nachfolgend daher von "Erbrecht der USA" oder "amerikanischen Erbrecht" gesprochen wird, so sind hiermit solche einheitlichen Prinzipien gemeint.
Neben solchen Prinzipien, greift die nachfolgende Darstellung die Regelungen des Uniform Probate Code (UPC), einem Muster-Gesetz, welches die Vereinheitlichung des Erbrechts der USA zum Ziel hat, auf. Der UPC wurde in Alaska, Arizona, Colorado, Hawaii, Idaho, Maine, Massachusetts, Michigan, Minnesota, Montana, Nebraska, New Jersey, New Mexiko, North Dakota, South Carolina, South Dakota, U.S. Virgin Islands und Utah (teilweise) umgesetzt. Da die Umsetzung oftmals nicht 1:1 erfolgt ist und neuere Fassungen des UPC oftmals nicht übernommen wurden, hat die Darstellung nur eine beschränkte Aussagekraft. Für andere US-Bundesstaaten hat die Darstellung allenfalls eine geringe Aussage.
Ergänzend verweisen wir auf die Beiträge zum Recht des jeweiligen US-Bundesstaates. Derzeit sind einführende Darstellungen zu Florida, Kalifornien und New York verfügbar. Zu anderen US-Bundesstaaten finden Sie in der Publikationsliste USA zum Teil Darstellungen einzelner Gesichtspunkte.
Ermittlung des anwendbaren Erbrechts
Kein Übereinkommen zwischen den USA und Deutschland
Zwischen den USA und Deutschland besteht kein Übereinkommen, das regelt, welches Erbrecht im deutsch-US-amerikanischen Erbfall anzuwenden ist. Daher ist das anwendbare Erbrecht nach dem jeweiligen nationalen internationalen Privatrecht (conflict of laws) zu ermitteln.
Anwendbares Erbrecht aus Sicht der USA
Genauso wenig wie es ein einheitliches Erbrecht der USA gibt, gibt es ein internationales Privatrecht der USA, sondern nur das Recht des jeweiligen US-Bundesstaates (z.B. Kalifornien). Allerdings sind die Regeln der US-Bundesstaaten zur Ermittlung des anzuwendenden Erbrechts sehr ähnlich. So wird in allen US-Bundesstaaten zwischen dem beweglichen und dem unbeweglichen Vermögen unterschieden:
- Im Hinblick auf bewegliches Vermögen (movables) ist das Recht des letzten Domizil (domicile) des Erblassers anwendbar.
- Im Hinblick auf das unbewegliches Vermögen (immovables) ist das Belegenheitsrecht (lex rei sitae) anwendbar.
Im Recht mancher US-Bundesstaaten ist allerdings auch eine (beschränkte) Rechtswahl (choice of law) zulässig. So erlaubt z.B. New York, dass eine Person mit Domizil außerhalb von New York das Recht von New York betreffend das bewegliche Vermögen in New York wählt.
Ergänzend verweisen wir auf den Beitrag Internationales Erbrecht (IPR) - USA.
Anwendbares Erbrecht aus Sicht der Bundesrepublik Deutschland
Für Erbfälle ab dem 17.08.2015 bestimmt sich das im Hinblick auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen im Sinne der EuErbVO nach der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO). Danach kommt es im Grundsatz auf den den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers an. Eine Ausnahme für unbewegliches Vermögen in den USA gibt es - aus der Sicht Deutschlands - nicht mehr. Da aus US-Sicht im Hinblick auf Immobilien in den USA immer US-Erbrecht anzuwenden ist, birgt die Rechtslage die Gefahr unterschiedlicher Rechtsanwendung und des Forum Shopping.
Betreffend Grundvermögen in Deutschland kann es zu einer Rückverweisung und einer Nachlassspaltung kommen.
Testamentarische Erbfolge
Das US-amerikanische Erbrecht ist vom Grundsatz vom Prinzip der Testierfreiheit bestimmt, d.h. der Erblasser ist im Grundsatz in der Gestaltung seines Testaments frei. Eigenhändige Testamente werden in vielen US-Bundesstaaten der Form nach nicht anerkannt. Vertiefend verweisen wir auf den Beitrag Testamentarische Erbfolge im Erbrecht der USA - Testierfähigkeit, zulässige Verfügungen, Form, Widerruf.
Gesetzliche Erbfolge im Erbrecht der USA
Gibt es kein (wirksames) Testament, wird der Erblasser nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge beerbt, Danach sind vorrangig der überlebende Ehegatte und die Abkömmlinge zur Erbfolge berufen. Nachrangig berufen sind die Eltern und Geschwister.
Zur Vertiefung verweisen wir auf den Beitrag Die gesetzliche Erbfolge nach US-amerikanischen Erbrecht.
Pflichtteil und andere zwingende Rechte des Ehegatten und Kinder im Erbrecht der USA
Wie bereits erwähnt ist das Erbrecht der USA vom Grundsatz der Testierfreiheit beherrscht. Allerdings haben der Ehegatte und in bestimmten Fällen auch Kinder Rechte am Nachlass, welche durch Testament nicht entzogen werden können. Kinder haben hingegen nur in Ausnahmefällen einen Anspruch auf einen nicht entziehbaren Anteil am Nachlass.
Zur Vertiefung verweisen wir auf den Beitrag "Pflichtteil in den USA".
Nachlassverfahren in den USA
Bei testamentarischer Erbfolge ist zunächst das Testament durch das Gericht bestätigen zu lassen. Ist das Gericht von der Wirksamkeit überzeugt, so erteilt er die Testamentsbestätigung (probate) und stellt der hierzu berechtigten Person, die wir als Nachlassabwickler (personal representative) bezeichnen, ein Zeugnis über sein Amt (oftmals als "letters testamentary" bzw. "letters of administration" oder einfach "letters" bezeichnet), welches mit einem deutschen Testamentsvollstreckerzeugnis vergleichbar ist, aus.
Nach Erteilung des Zeugnisses beginnt die Verwaltung des Nachlasses (administration) durch den Nachlassabwickler. Er nimmt den Nachlass in Besitz, tilgt Schulden, erklärt Steuern, erfüllt besondere Zuwendungen und verteilt den Rest-Nachlass an die "Erben".
Kein Nachlassverfahren ist im Hinblick auf Vermögen zu führen, welches "außerhalb des Nachlasses" übergeht (siehe hierzu Beitrag "Erwerb außerhalb des Nachlasses in den USA").
Wegen der Einzelheiten des Verfahrensgangs verweisen wir auf den Beitrag Probate and Administration - das förmliche Nachlassverfahren in den USA.
Dingliches Anwachsungsrecht auf den Tod
Im US-amerikanischen Recht können zwei oder mehr Personen einen Vermögensgegenstand (z.B. Konto oder Haus) gemeinschaftlich in der Form halten, dass beim Tod eines Mitinhabers dessen Anteil den verbliebenen zuwächst und nicht in den Nachlass (estate) fällt. Wird Vermögen in dieser Weise gehalten, wird dies als joint-tenancy - genauer joint tenancy with right of survivorship - bezeichnet. Von der joint tenancy zu unterscheiden ist das Institut der Tenancy By The Entireties For Married Couples. Diese kann nur unter Ehegatten bestehen. Im Unterschied zur Joint Tenancy können die Ehegatten nur gemeinsam über solche Vermögen verfügen. Ergänzend verweisen wir auf den Beitrag Joint Tenancy im Recht der USA.
Begünstigung aus einem Vertrag mit einem Finanzinstitut
Ein Erwerb außerhalb des Nachlasses kann auch durch Vereinbarung einer Begünstigung auf den Tod in einem Bankvertrag erfolgen. Dies ist sowohl bei einem Guthaben in Geld möglich (POD account) als auch betreffend Wertpapiere (TOD account).
US-amerikanische Altersvorsorgepläne
In den USA erfolgt die Altersvorsorge oftmals mit Hilfe von privaten Finanzinstituten. Diese bieten u.a. standardisierte, steuerlich privilegierte Produkte an. Die bekanntesten US-amerikanischen Altersvorsorgepläne sind der Individual Retirement Arrangement (kurz: IRA) und der 401(k) plan. Bei Tod des Inhabers, erwirbt der Todesfallbegünstige (designated beneficiary) den Leistungsanspruch.
Zuwendung einer Immobilie auf den Tod des Eigentümers
In manchen US-Bundesstaaten ist es auch möglich zu vereinbaren, dass eine Immobilie auf den Tod auf eine bestimmte Person übergeht (siehe hierzu Uniform Real Property Transfer on Death Act).
US-amerikanische Trusts
Ein Trust ein treuhänderisches Rechtsverhältnis, bei dem der Errichter (settlor, grantor) einer Person, dem Treuhänder (trustee), bestimmte Güter treuhänderisch überträgt, die der Treuhänder (trustee) dann für bestimmte vom Errichter benannte Zwecke verwalten und verteilen soll. Wird ein Trust zu Lebzeiten des grantor errichtet, spricht man von einem lebzeitigen Trust (living trust, inter vivos trust oder lifetime trust). Wird er mittels eines Testaments errichtet, spricht man von einem testamentarischen Trust (testamentary trust).
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in den Beiträgen Der US-amerikanische Trust als Mittel der US-Nachlassplanung, Der US-amerikanische Trust - Anerkennung, Nachlassverfahren und Pflichtteil in Deutschland und Der US-amerikanische Trust und deutsche Erbschaftssteuer bzw. Schenkungssteuer.
Nachlasssteuer und Erbschaftsteuer in den USA
Die USA erheben auf den Nachlass einer Person mit US-Staatsangehörigkeit (U.S. citizen) oder mit Domizil (domicile) in den USA (U.S. resident) eine Steuer, die US-Bundes-Nachlasssteuer (federal estate tax). Ist der Erblasser kein US-Staatsangehöriger (U.S. citizen) und nicht in den USA ansässig, wird das US-Vermögen besteuert.
Weitergehende Informationen finden Sie in dem Beitrag Nachlasssteuer und Erbschaftssteuer in den USA.
Neben der US-Bundes-Nachlasssteuer (federal estate tax) wird von einigen US-Bundesstaaten auch eine eigene Nachlasssteuer und Erbschaftsteuer erhoben (eine Übersicht finden Sie hier).
Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den USA und Deutschland
Die USA und Deutschland haben auf dem Gebiet der Erbschafts- und Schenkungssteuer ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA-USA-Erb) geschlossen. Danach wird die Doppelbesteuerung durch verschiedene Mechanismen, z.B. Steueranrechnung, versucht zu vermeiden.
Weitere Informationen hierzu finden Sie in dem Beitrag Die Besteuerung deutsch-amerikanischer Erbfälle nach dem deutsch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommen.