Keine einheitlichen Regeln zur Ermittlung des anwendbaren Erbrechts
Das anzuwendende Recht wird nach dem internationalen Privatrecht (Conflict of Laws) bestimmt. Da die Vereinigten Staaten von Amerika (nachfolgend: USA) nicht die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO) unterschrieben haben und es kein bilaterales oder multilaterales Abkommen gibt, das die Ermittlung des anwendbaren Erbrechts im deutsch-US-amerikanischen Erbfall regelt, ist das anwendbare Erbrecht gesondert aus US-amerikanischer und deutscher Sicht zu prüfen.
Ermittlung des im deutsch-US-amerikanischen Erbfalls anwendbaren Rechts aus Sicht der USA
Mehrrechtsstaat
Die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) haben kein einheitliches Erbrecht. Vielmehr haben alle 50 US-Bundesstaaten und der District of Columbia ihr eigenes Erbrecht (Mehrrechtsstaat). Ein "amerikanisches Erbrecht" oder "Erbrecht der USA" gibt es daher nicht. Genauso wenig wie es ein einheitliches Erbrecht der USA gibt, gibt es ein internationales Privatrecht der USA. Allerdings sind die Regeln der US-Bundesstaaten zur Ermittlung des anzuwendenden Erbrechts sehr ähnlich.
Verteilung des Nachlasses
In allen US-Bundesstaaten wird zwischen dem beweglichen und dem unbeweglichen Vermögen unterschieden:
- Im Hinblick auf bewegliches Vermögen (movables) ist das Recht des letzten Domizils (domicile) des Erblassers anwendbar.
- Im Hinblick auf das unbewegliches Vermögen (immovables) ist das Belegenheitsrecht (lex rei sitae) anwendbar.
Im Recht mancher US-Bundesstaaten ist allerdings auch eine (beschränkte) Rechtswahl (choice of law) zulässig. So erlaubt z.B. New York, dass eine Person mit Domizil (domicile) außerhalb von New York das Recht von New York betreffend das bewegliche Vermögen in New York wählt.
Anerkennung eines Testaments der Form nach
Die USA sind kein Mitgliedsstaat des Haager Testamentsformübereinkommens.
Die Anerkennung eines deutschen Testaments der Form nach in den USA ist in den einzelnen US-Bundesstaaten sehr unterschiedlich geregelt. Derzeit sind Darstellungen zu Florida, Kalifornien, New York, Arizona, New Jersey und Massachusetts auf unserer Seite verfügbar.
Der Uniform Probate Code (UPC) behandelt die Frage der Anerkennung eines ausländischen Testaments in UPC § 2-506 (Choice of Law as to Execution); danach ist ein schriftliches Testament auch der Form nach wirksam, wenn seine Errichtung dem Recht des Ortes entspricht
- an dem das Testament errichtet wird,
- an dem der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung oder zum Zeitpunkt seines Todes sein Domizil, seinen Aufenthaltsort oder
- dessen Staatsangehörigkeit er hat.
Nachlassabwicklung in den USA
Für die Nachlassabwicklung (administration) - siehe dazu unten - gilt abweichend vom Vorgesagten das Recht des Staates, dessen Gerichte für die Bestellung des Nachlassabwicklers (personal representative) zuständig sind.
Anwachsungsrecht auf den Tod
Der Rechtsübergang auf den Tod eines Miteigentümers/Mitinhabers durch Anwachsungsrecht (joint tenancy) richtet sich nach dem Belegenheitsrecht (lex rei sitae).
Trusts
Für ein Treuhandvermögen (trust), das durch Testament (testamentary trust) oder zu Lebzeiten des Erblassers (living trust) errichtet wurde, gelten besondere Regeln.
Ermittlung des im deutsch-US-amerikanischen Erbfalls anwendbaren Rechts aus Sicht deutscher Gerichte
Erbstatut
Für Erbfälle ab dem 17.8.2015 ist das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anwendbare Recht nach den Regeln der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO) zu bestimmen. Danach knüpfen deutsche Gerichte mangels einer wirksamen Rechtswahl an das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne der EuErbVO an.
Hinweis: Eine Ausnahme für Immobilien in den USA gibt es nicht (mehr). Daher werden diese mangels wirksamer Rechtswahl bei letztem gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers in Deutschland aus Sicht Deutschlands nach deutschem Recht vererbt. Hingegen wenden US-Gerichte das US-amerikanische Erbrecht an. Die können sich Erben oder andere Beteiligte unter Umständen durch Forum Shopping zu Nutze machen.
Wenn somit das deutsche Recht auf das US-amerikanische Recht verweist, schließt dies allerdings (außer bei einer Rechtswahl) das internationale Privatrecht der USA ein, sodass es zu einer Rückverweisung auf das deutsche Recht kommen kann.
Beispiel: Erblasser E stirbt mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in den USA ohne Hinterlassung eines Testaments. Sein Nachlass beinhaltet unbewegliches Vermögen in Deutschland. Im Hinblick auf dieses unbewegliche Vermögen ist "Kraft Rückverweisung aus dem Recht des US-Bundesstaates ..... " deutsches Recht anzuwenden.
Anerkennung von US-amerikanischen Testamenten der Form nach
Viele US-amerikanische Testamente wahren nicht die Testamentsform des deutschen Rechts. Hinsichtlich der Form nach dem Haager Testamentsformübereinkommen (TestFormÜbk) gleichwohl als gültig anzusehen, wenn es dem innerstaatlichen Recht entspricht:
- des Ortes, an dem der Erblasser letztwillig verfügt hat (Ortsform), oder
- eines Staates, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, oder im Zeitpunkt seines Todes besessen hat (Heimatrecht), oder
- eines Ortes, an dem der Erblasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, oder im Zeitpunkt seines Todes seinen Wohnsitz gehabt hat (Wohnsitzrecht), oder
- des Ortes, an dem der Erblasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, oder im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat, oder
- soweit es sich um unbewegliches Vermögen handelt, des Ortes, an dem sich dieses befindet (lex rei sitae, Belegenheitsrecht).
In den USA errichtete Testamente werden der Form nach in Deutschland daher fast immer anerkannt. Unwirksam ist aber z.B. ein in einer US-Botschaft oder in einem US-Konsulat in US-Form errichtetes Testament, wenn der Testator kein US-Staatsangehöriger war und in Deutschland dauerhaft lebte.
Besondere Probleme können sich im Hinblick auf die Anerkennung eines US-amerikanischen Trusts als der Form nach wirksame Verfügung von Todes wegen stellen.
Internationale Zuständigkeit
Die internationale Zuständigkeit in Erbsachen richtet sich aus deutscher Sicht nach der EuErbVO. Hierzu verweisen wir auf den Beitrag Internationale Zuständigkeit in Erbsachen nach der EuErbVO.