Einführung
Stirbt eine Person mit Vermögen in Deutschland, wird oftmals ein Erbschein, Testamentsvollstreckerzeugnis oder Europäisches Nachlasszeugnis für die Regelung des Nachlasses in Deutschland benötigt. Wenn der Erbe oder Testamentsvollstrecker im Ausland lebt, ist die erste Anlaufstelle in solchen Fällen oftmals eine deutsche Auslandsvertretung (Botschaft, Generalkonsulat).
Allgemeine zum Erbschein, Testamentsvollstreckerzeugnis oder Europäischen Nachlasszeugnis
Für die Erteilung eines Erbscheins, Testamentsvollstreckerzeugnisses oder Europäischen Nachlasszeugnisses ist das Amtsgericht als Nachlassgericht zuständig.
Der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins kann schriftlich gestellt werden, wobei Stellvertretung (z.B. durch einen Fachanwalt für Erbrecht) zulässig ist.
Zum Nachweis der bestimmter (Pflicht-) Angaben hat der Antragsteller allerdings vor Gericht oder vor einem Notar an Eides statt zu versichern, dass ihm nichts bekannt sei, was der Richtigkeit seiner Angaben entgegensteht. Gemäß § 1 Abs. 2 BeurkG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Nr.1 KonsG sind auch Konsularbeamte befugt, eidesstattliche Versicherungen zu beurkunden.
Da die Versicherung an Eides Statt in der Regel mit einem Antrag auf Erteilung eines Erbscheins verbunden wird, wird oft davon gesprochen, dass der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins beurkundet wird. Es genügt aber genau genommen, dass nur die Versicherung an Eides Statt beurkundet wird.
Wegen der Erforderlichkeit und der allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung eines Erbscheins verweisen wir auf den Beitrag Erbschein: Erforderlichkeit, Antrag, Rechtswirkungen, Widerspruch und Kosten. Wegen der Erforderlichkeit und der allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses verweisen wir auf den Beitrag Testamentsvollstreckerzeugnis - Erforderlichkeit, Antragstellung, Erteilung und Wirkungen.
Beurkundung eines Antrags auf Erteilung eines Erbscheins in einer deutschen Auslandsvertretung
Befugnisse einer deutschen Auslandsvertretung in Nachlassangelegenheiten, insbesondere zur Beantragung eines Erbscheins
Gemäß § 2 Konsulargesetz (KonsG) sind Konsularbeamte berufen, die Aufgaben und Befugnisse wahrzunehmen, die ihnen durch dieses Gesetz oder andere Rechts- und Verwaltungsvorschriften übertragen werden, insbesondere bei Nachlassangelegenheiten.
Nach § 10 Abs. 1 KonsG sind die Konsularbeamten befugt, über Tatsachen und Vorgänge, die sie in Ausübung ihres Amts wahrgenommen haben, Niederschriften oder Vermerke aufzunehmen, insbesondere vor ihnen abgegebene Willenserklärungen und Versicherungen an Eides statt zu beurkunden. Die von einem Konsularbeamten aufgenommenen Urkunden stehen gemäß § 10 Abs. 2 KonsG den von einem inländischen Notar aufgenommenen gleich.
Nach § 12 Nr. 2 KonsG sind die Konsularbeamten außerdem befugt, Versicherungen an Eides statt abzunehmen, die zur Erlangung eines Erbscheins, eines Europäischen Nachlasszeugnisses, eines Testamentsvollstreckerzeugnisses oder eines Zeugnisses über die Fortsetzung der Gütergemeinschaft abgegeben werden,
Berufskonsularbeamte, die die Befähigung zum Richteramt haben, sind ohne weiteres zur Wahrnehmung aller konsularischen Aufgaben befugt (§ 19 KonsG). Andere Konsularbeamte benötigen eine besondere Ermächtigung. Ein Honorarkonsul wird in der Regel nur zu Beglaubigungen ermächtigt.
Ablauf der Beurkundung des Antrags auf Erteilung eines Erbscheins in einer deutschen Auslandsvertretung
Die deutschen Auslandsvertretungen bestehen in der Regel darauf, dass zunächst ein Fragebogen ausgefüllt wird, mit dem die für die Beurkundung erforderliche Sachverhalt ermittelt wird. Wenn ein auf internationales Erbrecht spezialisierten Anwalt einen Entwurf vorlegt, wird aber auch im Einzelfall hierauf verzichtet. Ferner sollten Kopie der Sterbeurkunde, des Testaments und weiterer Unterlagen (vorab als elektronische Kopie) an die Deutsche Botschaft gesendet werden.
Auf der Grundlage des Fragebogens und der Unterlagen erstellt ein konsularischer Mitarbeiter der deutschen Auslandsvertretung einen Entwurf oder, wenn ein Entwurf eingereicht wurde, überprüft den Entwurf.
Nach Abstimmung des Entwurfs wird ein Termin zur Beurkundung anberaumt. Zu dem Termin hat der Erklärende (z.B. Erbe, Testamentsvollstrecker) einen Lichtbildausweis (Reisepass oder deutschen Personalausweis) vorzulegen. Ferner soll er die Kosten der Beurkundung vor Aushändigung der Urkunde zahlen.
Nach dem Termin in der Deutschen Auslandsvertretung erhält der Erklärende das Original des beurkundeten Antrages sowie Ausfertigungen für alle Miterben. Sofern erforderlich, kann die deutsche Auslandsvertretung gebührenpflichtig beglaubigte Kopien der weiteren Unterlagen (Geburtsurkunden, Sterbeurkunden etc.) anfertigen.
Die deutsche Auslandsvertretung wird nicht selbst diese Ausfertigung an das Nachlassgericht übersenden. Vielmehr muss der Erklärende dies selbst oder durch einen Stellvertreter (z.B. Rechtsanwalt) tun.
Unsere Leistung: Wenn erforderlich, z.B. weil die Rechtslage komplex ist (z.B. bei Anordnung eines Trusts), entwerfen wir den Antrag und die Versicherung an Eides Statt. Fener reichen wir gerne den Antrag beim Nachlassgericht ein und vertreten Sie gegenüber dem Nachlassgericht.
Alternativen zur Beurkundung des Antrags auf Erteilung eines Erbscheins in einer deutschen Auslandsvertretung
Eidesstattiche Versicherung vor einem ausländischen Notar
Eine weitere Möglichkeit ist es, die Versicherung an Eides Statt vor einem ausländischen abzugeben und Antrag auf Erlass der Versicherung an Eides Statt vor einem deutschen Notar oder ermächtigten Konsularbeamten zu beantragen.
Das Nachlassgericht wird dann auf die Versicherung an Eides Statt verzichten, wenn es sie nicht für erforderlich hält (§ 352 Abs. 3 FamFG). Leider sind deutsche Nachlassgerichte, insbesondere das Amtsgericht Schöneberg in Berlin, sehr zurückhaltend damit, auf die Versicherung an Eides Statt zu verzichten (vgl. z.B. KG, Beschluss vom 17.10.2024 – 19 W 2/24). In der Regel wird eine vor einem einem ausländischen Notar abgegebene eidesstattliche Versicherung (affidavit) nur dann akzeptiert, wenn der Erklärende aufgrund einer Erkrankung nicht reisefähig ist oder der Aufwand der Reise offenbar unverhältnisnäßig ist.
Es kann aber natürlich auch andere gute Gründe geben, warum im Einzelfall die Versicherung an Eides Statt unzumutbar (und somit zu erlassen) ist. Letztlich kommt es immer auf den Einzelfall an.
Unsere Leistung: Wir beraten Sie, ob die Voraussetzungen für den Verzicht auf die Versicherung an Eides Statt vorliegen. Wenn gute Aussichten darauf bestehen, dass das Nachlassgericht auf die Versicherung an Eides Statt verzichtet, bereiten wir die Versicherung an Eides Statt zur Unterschrift vor dem ausländischen-Notar vor und reichen den Antrag für Sie beim Nachlassgericht ein.
Beantragung eines Erbscheins vor einem deutschen Notar in Deutschland
Immer möglich ist es den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins vor einem deutschen Notar zu stellen. Allerdings kennen sich die meisten deutschen Notare nicht mit dem internationalen Erbrecht aus. Daher empfehlen deutsche Notare immer sich von einem Spezialisten beraten zu lassen.
Unsere Leistung: Wir beraten Sie vor Beauftragung des Notars betreffend das zweckmäßige Vorgehen und vertreten Sie - falls gewünscht - in dem Verfahren zur Erteilung des Erbscheins.
Kosten Beantragung eines Erbscheins in einer deutschen Auslandsvertretung
Für konsularische Tätigkeiten im Ausland werden von den deutschen Auslandsvertretungen Gebühren und Auslagen erhoben. Grundlage hierfür waren 1. Oktober 2021 das Auslandskostengesetz (AKostG) und die Auslandskostenverordnung (AKostV). Seit dem 1. Oktober 2021 gilt für das Auswärtige Amt und seine Auslandsvertretungen das Bundesgebührengesetz (BGebG) und die Allgemeine Gebührenverordnung (AGebV) sowie zusätzlich für das Auswärtige Amt eine Besondere Gebührenverordnung (AABGebV). Die seit dem 1. Oktober 2021 gültigen Gebührensätze sind dem Gebühren- und Auslagenverzeichnis der AABGebV (Anlage 1) zu entnehmen.
Nach 5.3.2.1 wird für die Vorbereitung des Antrags auf Erlangung eines Erbscheins, eines Europäischen Nachlasszeugnisses oder eines Testamentsvollstreckerzeugnisses, einschließlich der eidesstattlichen Versicherung eine Gebühr von EUR 249,00 bis EUR 327,00 (Festgebühr in Abhängigkeit von der Zonenstufe) an. Die Gebühr wird nur erhoben, wenn der zu beurkundende Text von einem Mitarbeiter der deutschen Auslandsvertretung neu konzipiert wird. Wenn ein Rechtsanwalt das Dokument entwirft und keine wesentlichen Änderungen durch den Konsularmitarbeiter erfolgen, fällt diese Gebühr somit nicht an.
Nach 5.3.2.2 wird für die Beurkundung eines Antrags auf Erlangung eines Erbscheins, eines Europäischen Nachlasszeugnisses oder eines Testamentsvollstreckerzeugnisses einschließlich der eidesstattlichen Versicherung wird eine Gebühr von EUR 132,00 bis EUR 170,00 erhoben.