Errichtung nur durch Ehegatten oder Lebenspartner
Ein gemeinschaftliches Testament ist ein Testament, welches von Ehegatten (§ 2265 BGB) gemeinsam - in der Regel auf einem Dokument - errichtet wird (daher auch "Ehegattentestament"). Ehegatten gleich gestellt sind eingetragenen Lebenspartnern, § 10 Abs. 4 LPartG.
Form des gemeinschaftlichen Testaments
Ein gemeinschaftliches Testament kann in
- notariell beurkundeter (notarielles Testament) oder
- eigenhändiger Form (eigenhändiges Testament) errichtet werden.
Bei der eigenhändigen Form genügt es, wenn ein Ehegatte das gemeinschaftliche Testament eigenhändig schreibt und unterschreibt und der andere einen eigenhändigen unterschriebenen Zusatz anfügt, der seine Zustimmung zu dem Inhalt des Testaments zum Ausdruck bringt. Da bei sollen Zeit und Ort der Leistung der Unterschrift angegeben werden (§ 2267 BGB).
Gemeinschaftliches Testament: Einzelne Verfügungen
Typische Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament
In einem gemeinschaftlichen Testament können die Ehegatten alle in einem Testament zulässigen letztwilligen Verfügungen treffen. Sie können, z.B.
- eine Person auf den Tod des ersten Ehegatten als Erben einsetzen (Erbeinsetzung),
- eine Person auf den Tod des letztversterbenden Ehegatten als Erben einsetzen (Schlusserbeneinsetzung),
- für den Fall, dass Pflichtteilsberechtigte beim ersten Erbfall den Pflichtteil gelten machen, enterben (Pflichtteilsstrafklausel),
- einzelne Gegenstände einer Person zuwenden (Vermächtnis) oder
- Testamentsvollstreckung anordnen und einen Testamentsvollstrecker bestimmen.
Wechselbezüglichkeit einer Verfügung in einem gemeinschaftlichen Testament
Einzelne oder alle Verfügungen eines gemeinschaftlichen Testaments können wechselbezüglich sein. Eine wechselbezügliche Verfügung hat Bindungswirkung. Von "Wechselbezüglichkeit" ist auszugehen, wenn die Verfügung des einen nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen sein würde (vgl. § 2270 Abs. 1 BGB). Enthält ein gemeinschaftliches Testament keine klare und eindeutige Anordnung der Wechselbezüglichkeit, muss nach den allgemeinen Grundsätzen der Testamentsauslegung für jede Verfügung gesondert ermittelt werden, ob sie wechselbezüglich ist (BGH, 16.06.1987 - IVa ZR 74/86).
Werden die Kinder in einem gemeinschaftlichen Testament nur als Schlusserben bedacht, ist die Verfügung zu Gunsten des überlebenden Ehegatten (unter Ausschluss der Kinder) regelmäßig auch wechselbezüglich zur Schlusserbeneinsetzung (OLG München, Beschluss vom 13. 9. 2010 - 31 Wx 119/10).
Ist der eingesetzte Schlusserbe mit keinem der testierenden Ehegatten verwandt oder verschwägert, entspricht es der Lebenserfahrung, dass ein Ehegatte seinen Partner regelmäßig das Recht belassen will, als Überlebender jederzeit die Schlusserbeneinsetzung abzuändern. Das gilt insbesondere auch in Bezug auf caritative oder gemeinnützige als Schlusserbe eingesetzte Organisationen (OLG München, Beschl. v. 07.12.2017 – 31 Wx 337/17).
Führt die Auslegung nicht zu einem eindeutigen Ergebnis, so können gesetzliche Auslegungsregeln den Ausschlag bringen.
Nach § 2270 BGB sind bei einem Berliner Testament die
- die Erbeinsetzung des anderen Ehegatten auf der einen Seite und
- die Schlusserbeneinsetzung zu Gunsten Verwandten (z.B. Kind, Geschwister, Neffe/Nichte) oder anderen nahe stehenden Person (z.B. Freund) auf der anderen Seite
im Zweifel wechselbezüglich. Diese Auslegungsregel ist erst dann heranzuziehen, wenn nach Überprüfung aller inner- und außerhalb des Testaments liegenden Umstände verbleibende Zweifel am Erblasserwillen nicht zu beseitigen sind (BayObLG, 17.03.2005 - 1Z BR 106/04).
Wechselbezüglich können nur Erbeinsetzungen, Vermächtnisse, Auflagen und eine Rechtswahl nach Art. 22 EuErbVO sein (§ 2270 Abs. 3 BGB).
Die Nichtigkeit oder der Widerruf einer Verfügung, die wechselbezüglich zu einer anderen ist, hat deren Unwirksamkeit zur Folge (§ 2270 Abs. 1 BGB).
Gemeinschaftliches Testament, Bindungswirkung und Widerruf des gemeinschaftlichen Testaments
Zu Lebzeiten beider Ehegatten können diese ihre jeweiligen letztwilligen Verfügungen in dem gemeinschaftlichen Testament - im Grundsatz - frei und einseitig widerrufen. Besonderheiten gelten im Hinblick auf wechselbezügliche Verfügungen:
Widerruf und Änderung zu Lebzeiten beider Ehegatten
Zu Lebzeiten beider Ehegatten können diese natürlich gemeinsam das gemeinschaftliche Testament widerrufen oder ändern. Ein Widerruf kann z.B.
- durch neues gemeinschaftliches Testament,
- gemeinschaftliches Widerrufstestament,
- gemeinsame Rücknahme des gemeinschaftlichen notariellen Testaments aus amtlicher Verwahrung oder
- gemeinsame Vernichtung erfolgen.
Auch ein ein Ehegatte allein kann ohne die Zustimmung des anderen Ehegatten zu Lebzeiten beider Ehegatten das Testament widerrufen. Ein solcher einseitiger Widerruf wird aber erst wirksam, wenn er dem anderen Ehegatten in notariell beurkundeter Form zugeht, § 2271 BGB i.V.m. § 2296 BGB.
Widerruf des gemeinschaftlichen Testaments nach dem Tod eines Ehegatten
Mit dem Tod eines Ehegatten erlischt das Recht des überlebenden Ehegatten das gemeinschaftliche Testament zu widerrufen im Hinblick auf wechselseitige Verfügungen in dem gemeinschaftlichen Testament (§ 2271 Abs. 1 BGB), d.h. der Überlebende ist in seiner Testierfreiheit eingeschränkt und kann nicht mehr von den wechselseitigen Verfügungen im dem gemeinschaftlichen Testament abweichend neu von Todes wegen verfügen (z.B. durch Testament oder Erbvertrag).
Hinweis: Wenn der überlebende Ehegatte die Erbschaft nach dem Erstversterbenden ausschlägt (und den Pflichtteil + Zugewinnausgleich verlangt), kann er über sein Vermögen neu testieren (§ 2271 Abs. 1 BGB)! Bei einem Erbvertrag ist dies hingegen nicht immer möglich.
Wenn und soweit nach § 2271 Abs. 1 BGB ein Widerruf unzulässig war, sind spätere Verfügungen, soweit sie den wechselbezüglichen Verfügungen widersprechen, unwirksam.
Beeinträchtigende Schenkungen und gemeinschaftliches Testament
In dieser Situation wird oftmals versucht durch Schenkungen an Dritte zu Lebzeiten den Kindern das Vermögen zu entziehen. Im Fall einer beeinträchtigenden Schenkung können die Erben unter den Voraussetzungen des § 2278 BGB, der für wechselbezügliche Verfügungen analog gilt, nach Eintritt des Erbfalls Herausgabe des Geschenks verlangen. Eine Benachteiligungsabsicht besteht aber dann nicht, wenn der Schenkende ein lebzeitiges Eigeninteresse an der Schenkung hatte. Der Anspruch verjährt in 3 Jahren ab Todestag.
Folgen von Scheidung, Aufhebung der Ehe und Trennung auf das gemeinschaftliche Testament
Eine letztwillige Verfügung in einem gemeinschaftlichen Testament, durch die der Erblasser seinen Ehegatten bedacht hat, ist unwirksam, wenn die Ehe vor dem Tode des Erblassers aufgelöst worden ist (z.B. durch rechtskräftiges Scheidungsurteil), § 2077 Abs. 1 BGB.
Der Auflösung der Ehe steht es gleich, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte, § 2077 Abs. BGB. Das Gleiche gilt, wenn der Erblasser seinen Verlobten bedacht hat, wenn das Verlöbnis vor dem Tode des Erblassers aufgelöst worden ist (§ 2077 Abs. 2 BGB).
Die Unwirksamkeit der Verfügung hat zur Folge, dass auch wechselbezügliche Verfügungen des anderen Ehegatten unwirksam sind (vgl. § 2277 BGB). Die Verfügung ist aber dann nicht unwirksam, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser sie auch für einen solchen Fall getroffen haben würde (§ 2277 BGB).