Was bedeutet "spanisches Erbrecht"?
Unter "spanisches Erbrecht" wird in diesem Beitrag das spanische Recht verstanden, das die Rechtsnachfolge von Todes wegen im Sinne der EuErbVO regelt. Nicht Gegenstand dieses Beitrags sind die Regeln des deutschen Rechts dazu.
Betreffend die Regeln des spanischen Erbschaftsteuerrechts verweisen wir auf den Beitrag "Spanische Erbschaftssteuer - Einführung".
Wann ist das spanische Erbrecht anzuwenden?
Ob spanisches Erbrecht anzuwenden ist, bestimmt sich für Erbfälle ab dem 17.08.2015 nach der Europäischen Erbrechtsverordnung.
Zur Ermittlung des anwendbaren Erbrechts - unter Berücksichtigung des foralen Erbrechts - verweisen wir auf den Beitrag "Spanisches Erbrecht oder deutsches Erbrecht – welches Recht ist bei einem Erbfall mit Bezügen zu Spanien anzuwenden?"
Form des Testaments nach spanischem Erbrecht
Ein Testament (testamento) kann ordentlich oder außerordentlich sein, Art. 676 Abs. 1 CC. Ein ordentliches Testament kann der Testator als eigenhändiges Testament (testamento ológrafo) oder notarielles Testament (testamento notarial) errichten.
Weitere Informationen zur Form des Testaments finden Sie in unserem Beitrag Testament in Spanien - Form der Errichtung bei Anwendbarkeit spanischen Rechts.
Gemeinschaftliches Testament
Ein gemeinschaftliches Testament (testamento mancomunado) ist ein Testament, dass von mehr als einer Person auf einem Dokument errichtet wird. Nach (gemein-) spanischem Recht (anders: Aragon, Navarra, Katalonien, Baskenland) ist das gemeinschaftliche Testament (testamento mancomunado) verboten ( Art 669 und Art. 733 CC).
Im Foralrecht (Derecho Foral) von Biskaya und Gipuzkoa, Aragon, Galicien und Navarra sind gemeinschaftliche Testamente hingegen zulässig.
Soweit deutsches Erbrecht anzuwenden ist, entfaltet dieses auch in Spanien Rechtswirkungen.
Erbvertrag
Der Erbvertrag (contrato sucesorio) ist im (gemein-) spanischen Recht unzulässig. So ist nach Artikel 816 CC der Verzicht auf den zukünftigen Pflichtteil oder ein Noterbrecht (legítima) unwirksam. Ferner bestimmt Artikel 1271 CC, dass in Bezug auf künftige Erbschaften keine anderen Verträge geschlossen werden als solche, deren Zweck es ist, die Aufteilung eines Vermögens unter Lebenden und andere Teilungsbestimmungen gemäß den Bestimmungen von Artikel 1056 CC zu praktizieren. Hingegen ist der Erbvertrag nach dem Recht der Balearen (Mallorca, Ibiza, Menorca, Formentera), Aragón, Navarra, Baskenland und Katalonien zulässig.
Unwirksamkeit des Testaments wegen Willensmängeln
Minderjährige unter vierzehn Jahren sind nicht testierfähig, Art. 663 CC. Testierunfähig sind ferner diejenigen, die dauerhaft oder vorübergehend kein klares Urteilsvermögen (cabal juicio) haben, Art. 663 CC. Ein Testament ist außerdem unwirksam, wenn es unter dem Einfluss von Gewalt (violencia), arglistiger Täuschung (dolo) oder Betrug (fraude) errichtet wurde, Art 673 CC.
Pflichtteil
Nach (gemein-) spanischem Erbrecht wird die Testierfreiheit durch das Noterbrecht (legítima) bestimmter Personen eingeschränkt. Diese Personen sind in erster Linie die Kinder und Abkömmlinge des Erblassers und der überlebende Ehegatte. Gibt es keine Kinder oder Abkömmlinge, erhalten außerdem überlebende Vorfahren den Noterbteil. Zum deutschen Pflichtteilsrecht gibt es bedeutsame Unterschiede: So ist das Noterbrecht regelmäßig eine dingliche Beteiligung am Nachlass. Ferner ist das Noterbrecht der Kinder und anderer Abkömmlinge in der Regel deutlich höher als der deutsche Pflichtteil.
Wegen der Einzelheiten verweisen wir auf den Beitrag Pflichtteil nach spanischem Recht.
Gesetzliche Erbfolge
Die gesetzliche Erbfolge tritt im spanischen Recht ein, wenn kein Testament die Erbfolge regelt. Gesetzliche Erben sind zunächst die Kinder, sodann die der gerade aufsteigenden Linie (Eltern und andere Vorfahren) und schließlich die Geschwister und Geschwisterkinder. Der Ehegatte erbt neben Abkömmlingen und Vorfahren nur dasjenige, was ihm als Noterbrecht zusteht (siehe oben). Sind weder Kinder und andere Abkömmlinge noch Vorfahren vorhanden, erbt der Ehegatte allein.
Wegen der Einzelheiten verweisen wir auf den Beitrag Die gesetzliche Erbfolge in Spanien.
Testamentsvollstreckung
Hat der Erblasser durch Testament einen Erbteiler (contador-partidor) und/oder einen Testamentsvollstrecker (albacea) bestimmen. Anders als ein deutscher Testamentsvollstrecker hat er aber regelmäßig nicht das ausschließliche Verwaltungs- und Verfügungsrecht. Zur Abwicklung eines Nachlasses in Spanien durch einen deutschen Testamentsvollstrecker finden Sie Informationen hier.
Erbschaftsannahme, Ausschlagung der Erbschaft, Erwerb der Erbschaft
Erben können die Erbschaft annehmen oder ausschlagen. Anders als im deutschen Recht tritt der erbschaftliche Erwerb erst mit der Annahme ein. Die Erbschaftsannahme (aceptación de la herencia) bedarf nicht einer bestimmten Form und kann auch durch schlüssiges Handeln erfolgen. Für die Eintragung ins Grundbuch kann es aber erforderlich sein, dass die Erbschaftsannahme in notarieller Form erklärt wird.
Weiterführende Informationen hierzu finden Sie in dem Beitrag Erbschaftsannahme und Ausschlagung im spanischen Recht.
Nachweis des Erbrechts bei Grundvermögen in Spanien
In der Regel ist das Erbrecht durch ein öffentliches Dokument nachzuweisen. So sieht z.B. das spanische Grundbuchordnung im Verfahren zur Eintragung des Rechtsnachfolgers von Todes wegen im Eigentumsregister (Registro de la Propiedad) vor, dass das Erbrecht durch einen erbrechtlichen Titel nachzuweisen ist.
Weiterführende Informationen hierzu finden Sie in dem Beitrag Nachlassabwicklung in Spanien.
Spanische Erbschaftssteuer
In ganz Spanien wird Erbschaftssteuer erhoben. Besondere Regelungen enthalten die Gesetze der einzelnen spanischen Regionen. Weiterführende Informationen finden Sie in dem Beitrag Spanische Erbschaftsteuer - Einführung.
Deutsche Erbschaftsteuer bei Erbschaft aus Spanien
Neben der englischen Erbschaftsteuer kann auch die deutsche Erbschaftsteuer anfallen, siehe hierzu auch den Beitrag Erbschaftsteuer: Steuerpflicht in Deutschland.
Vermeidung der Doppelbesteuerung im deutsch-spanischen Erbfall
Zwischen Spanien und Deutschland gibt es auf dem Gebiet der Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer kein Doppelbesteuerungsabkommen. Daher kann es sein, dass Deutschland und Spanien Erbschaftsteuer erheben. Die Doppelbesteuerung kann in solchen Fällen oft - aber nicht immer - durch Anrechnung vermieden nach den nationalen Regeln vermieden werden. Für weitere Informationen verweisen wir auf den Beitrag Anrechnung spanische Erbschaftssteuer in Deutschland.