Anwachsungsrecht des Überlebenden
In der Regel geht die Berechtigung gegenüber der Bank mit dem Tod auf den überlebenden Konto-Mitinhaber - unabhängig davon, was im Testament des anderen steht - über (rule of survivorship). Dies ergibt sich aus dem Vertrag mit der Bank, in dem üblicherweise ein Anwachsungsrecht auf den Tod des Erstversterbenden vereinbart wird (joint tenancy). In diesen Fällen ist ein förmliches Nachlassverfahren in England nicht erforderlich und der überlebende Kontomitinhaber kann über das Guthaben alleine verfügen.
Wirtschaftliche Berechtigung
Nur weil der Überlebende nach dem Bankvertrag von der Bank Zahlung verlangen kann, bedeutet dies nicht zwingend, dass der überlebende Konto-Mitinhaber auch das Guthaben behalten darf. So gilt nach dem Common Law von England und Wales die Vermutung, dass das vom Erblasser eingezahlte Guthaben in den Nachlass (estate) des Verstorbenen fällt und der überlebende Konto-Mitinhaber nur Treuhänder ist (sog. resulting trust).
Der überlebende Konto-Mitinhaber muss daher nachweisen, dass ihm nach dem Willen des Verstorbenen nach dessen Tod das Guthaben als wirtschaftlich Berechtigtem zustehen sollte (Northall (deceased) [2010] EWHC 1448 (Ch)). Zur Widerlegung der Vermutung genügt es allerdings, wenn der Erblasser Kenntnis von der Vereinbarung mit der Bank betreffend das Anwachsungsrecht hatte (Aroso v Coutts [2002] 1 All ER (Comm) 241). Hatte er dies nicht, muss der Nachweis erbracht werden, dass wirtschaftliches Eigentum zu Lebzeiten oder auf den Tod eingeräumt werden sollte. Der Wille muss nicht unbedingt bei Einzahlung oder Kontoeröffnung bestehen; so fügte in dem Fall Drakeford v Cotton and Stain [2012] EWHC 1414(Ch) eine Mutter ihre Tochter als Konto-Mitinhaber bei, damit diese ihrer Mutter bei den Bankgeschäften helfen konnte. Hierin war noch keine Zuwendung von wirtschaftlichem (Mit-) Eigentum zu sehen; später brachte sie aber zum Ausdruck, dass die anderen Geschwister auf ihren Tod nichts erhalten sollen. In der Folge wurde eine wirtschaftliche Berechtigung auf den Tod angenommen.
Ansprüche Dritter nach englischem Recht
Wenn der Erblasser mit letztem Domizil (domicile) in England und Wales verstorben ist, ist die Anwachsung im Verfahren nach dem Inheritance (Provision for Family and Dependants) Act 1975 zu berücksichtigen.
Ansprüche Dritter nach deutschem Recht
Wenn deutsches Recht betreffend die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwenden ist (siehe hierzu Anwendbares Recht im deutsch-englischen Erbfall), kann der Erbe in der Regel nicht Herausgabe des Erworbenen vom überlebenden Kontomitinhaber verlangen.
Allerdings kommt stets ein Pflichtteilsergänzungsanspruch der Pflichtteilsberechtigten in Betracht.
Gibt es mehrere Pflichtteilsberechtigt stellt sich die Frage, ob der überlebende Kontomitinhaber sich den Wert des Erworbenen auf seinen Pflichtteil anrechnen lassen muss.
Gemeinschaftliches Konto in England und deutsche Erbschaftsteuer
Bei persönlicher Steuerpflicht in Deutschland unterfällt auch dasjenige, was durch Anwachsungsrecht auf den Tod erworben wird, der deutschen Erbschaftsteuer. In der Literatur wird zwar diskutiert, ob der Erwerb als "aleatorisches Geschäft" steuerfrei sein kann, die Finanzverwaltung folgt dieser Argumentation bei Konten aber nicht.